16.01.2018 -
Wir sitzen beim Mittagessen und wie so oft drehen sich die Gespräche um die Erlebnisse der Kinder in der Schule. Besonders engagiert ist mein Sohn ins Gespräch eingebunden und er erzählt vom megamäßig bescheuerten Verhalten des Hirmer und der Ackert (die Namen habe ich aus gutem Grunde anonymisiert). Ich höre sehr aufmerksam zu und denke zunächst noch, dass es sich um Mitschüler handelt. Als ich eine für meine Kinder wahrnehmbar blöde Zwischenfrage stelle, bekomme ich jedoch eine wichtige Klärung. Es handelt sich nicht um Mitschüler, sondern um zwei neue Lehrkräfte!
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16.01.2018 -
Wir sitzen beim Mittagessen und wie so oft drehen sich die Gespräche um die Erlebnisse der Kinder in der Schule. Besonders engagiert ist mein Sohn ins Gespräch eingebunden und er erzählt vom megamäßig bescheuerten Verhalten des Hirmer und der Ackert (die Namen habe ich aus gutem Grunde anonymisiert). Ich höre sehr aufmerksam zu und denke zunächst noch, dass es sich um Mitschüler handelt. Als ich eine für meine Kinder wahrnehmbar blöde Zwischenfrage stelle, bekomme ich jedoch eine wichtige Klärung. Es handelt sich nicht um Mitschüler, sondern um zwei neue Lehrkräfte! Ich bin komplett irritiert, denn ich habe ein großes Problem mit der Kommunikation meiner Kinder. Ich nenne dieses Verhalten schlechterdings respektlos. Was heißt das für mich? Respekt, vom Lateinischen „respectus“, bedeutet u. a. Rücksicht und bezeichnet eine Form der Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Ehrerbietung gegenüber einer Respektsperson oder einer Institution. Respekt lässt sich in Ehrfurcht steigern, z.B. vor Gott.
Wir klagen ja relativ oft über mangelnden Respekt, den andere Menschen uns gegenüber erweisen. Wir werden von der Bedienung im Restaurant unhöflich behandelt, die Frau an der Kasse gibt einen zweifelhaften Kommentar ab, wenn wir zu lange im Geldbeutel nach den passenden Münzen kramen. Die Liste lässt sich problemlos fortsetzen. Wir wissen sofort diese Menschen als grobschlächtig oder ohne Erziehung abzustempeln. Im konkreten Fall unseres Tischgespräches zeigen meine Kinder den abwesenden Lehrkräften gegenüber keine Wertschätzung und da bin ich als Vater gefordert – Erziehung der Kinder ist angesagt. Ich erkläre meinen Kindern, dass ich Respektlosigkeit nicht dulden kann. Ihre Lehrkräfte hätten schließlich all das bereits geregelt bekommen, was sie erst noch zu leisten haben, d. h. Abitur ablegen, ein Studium erfolgreich absolvieren und die ersten Erfahrungen im Beruf sammeln.
Ich verlange bei diesem Essen, dass wir im Gespräch über Abwesende ab sofort die förmliche Anrede Frau und Herr vor ihren Namen stellen, bei Amtspersonen z.B. die Anrede „Direktor“ oder „Bürgermeister“ verwenden und sollte es ein Mensch mit einem akademischen Grad sein, über den gesprochen wird, wird seinem Namen der Doktor- oder Professorentitel vorangestellt. Es ist unglaublich, wie sich die Kommunikation verändert, wenn man nur diese Feinheit im Sinne der Wertschätzung beachtet. Das was wir beim Mittagessen erlebten, war ein wahrer Segen, eine komplette Drehung in unserer Gesprächsführung. Ich empfehle dies dringend in allen möglichen Lebenssituationen zu praktizieren, also konkret auch im Beruf. Schlechte Kommunikation (lästern und miesmachen, tuscheln und Gerüchte streuen) über Mitarbeiter, Kollegen oder Vorgesetzte wandelt sich durch das Praktizieren der respektvollen Anrede direkt in eine gute Kommunikation.
Damit geht es los, doch wie kann der respektvolle Umgang noch weiterentwickelt werden? Manchmal bin ich ein richtiger Glückspilz, denn das Leben liefert mir das richtige Beispiel. In diesem Falle ist es mein Freund Max, der mir eine exzellente Lehre erteilt.
Max lernte eine Frau aus einem außereuropäischen Land kennen, sie verliebten sich ineinander und die zwei wollten heiraten. In der Kultur der Dame des Herzens war und ist es noch üblich, den Vater der Braut formell um Erlaubnis zu fragen und einen Brautpreis zu entrichten. Diese Verhandlung obliegt den Vätern der Brautleute. Weil der Vater meines Freundes jedoch bereits verstorben war, gab es ein formales Problem, es bot ihm aber auch die Gelegenheit selbst in die Verhandlung des Brautpreises mit dem Schwiegervater in spe zu treten (Die lateinische Phrase „in spe“ bedeutet wörtlich „in der Hoffnung“ und hat sich als Floskel in der Umgangssprache i. S. von „voraussichtlich bald etwas sein“ etabliert.).
Bevor er aber mit dem Vater seiner großen Liebe sprach, fuhr Max in das Land seiner Braut. Er unterhielt sich mit Leuten aus der Region. Er wollte u.a. wissen, wie die Ansprache des Brautvaters zu erfolgen hat, was an Brautgabe üblich wäre u.v.m. Es wurde ihm erklärt, dass in Abhängigkeit von der Braut, ihrem Alter, der Stellung der Herkunftsfamilie etc. ungefähr 3.000 € zu bezahlen wären. Wenn es sich aber um eine Braut mit „Geschichte oder Einschränkungen“ handeln würde, die Herkunftsfamilie der Braut von niederem Stande wäre oder sonst irgendwas nicht stimmen würde, könnte man sich aber durch geschicktes Verhandeln durchaus auch auf nur 1.000 € einigen.
Dies ist ein Auszug aus dem Buch "Der ProjektManager und Fräulein Sophie", von Dr. Roland Ottmann.
Das Buch können Sie hier käuflich erwerben.
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