11.04.2017 -
20:45 Uhr, es ist dunkel, es ist kalt und es regnet. Nach drei Stunden spätherbstlicher Autofahrt bin ich in diesem winzigen niedersächsischen Ort angekommen.
Hier im Hotel am Platze soll ich ein Training für ein namhaftes deutsches Automobilunternehmen halten.
Wie mir von meinem Auftraggeber versichert wurde, wäre die Rezeption, auch bei Spätanreise, besetzt und ich könnte den Seminarraum noch vorbereiten, um dann am folgenden Tag, um 8:00 Uhr, mit dem Seminar beginnen zu können. Und nun stehe ich auf einem geschotterten Parkplatz, vor einem unbeleuchteten Gebäude, welches...
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11.04.2017 -
20:45 Uhr, es ist dunkel, es ist kalt und es regnet. Nach drei Stunden spätherbstlicher Autofahrt bin ich in diesem winzigen niedersächsischen Ort angekommen. Hier im Hotel am Platze soll ich ein Training für ein namhaftes deutsches Automobilunternehmen halten. Wie mir von meinem Auftraggeber versichert wurde, wäre die Rezeption, auch bei Spätanreise, besetzt und ich könnte den Seminarraum noch vorbereiten, um dann am folgenden Tag, um 8:00 Uhr, mit dem Seminar beginnen zu können. Und nun stehe ich auf einem geschotterten Parkplatz, vor einem unbeleuchteten Gebäude, welches das Hotel sein müsste. Ein Schild, Beleuchtung oder ähnliches – Fehlanzeige.
Ich gehe im Regen um das Gebäude und finde etwas, das ein Haupteingang sein könnte. Mein Handy hat wenigstens eine beleuchtete Tastatur und so kann ich die Telefonnummer des Hotels anwählen. Ich höre in meinem Handy ein Freizeichen, ein Knacken und dann die Stimme eines Anrufbeantworters. Hinter der Eingangstür höre ich das Klingeln eines Telefons und das Anspringen einer Bandansage. Ich bin also richtig. Prima! Die Konservenstimme sagt in sonorem Ton, dass mein Anruf außerhalb der Zeit erfolgt, in der die Rezeption besetzt ist. Was für eine Sch...!
Ich setze mich ins Auto und überlege mir was ich tun könnte. Ich beschließe nach Hannover zu fahren, in der Hoffnung, dort ein Hotel zu finden. Nach vier Kilometern Überlandfahrt komme ich in die nächste Ortschaft und gleich am Ortseingang befindet sich eine Tankstelle. Entgegen meiner Gewohnheit Sachverhalte selbst zu klären, fahre ich nun vor die Zapfsäulen, gehe in das Tankstellengebäude und frage nach einem Hotel in der Nähe. Die nette Dame an der Kasse erklärt mir, dass im Nachbarort, etwa vier Kilometer von hier, ein sehr gutes Hotel wäre. Ich erkläre ihr, dass ich dort gerade war und ich eigentlich in diesem Hotel ein Zimmer reserviert habe. Leider komme ich aber nicht hinein, weil die Rezeption nicht mehr besetzt ist. Halb so schlimm, meint sie, das passiert oft. Die Leute wissen nur nicht, dass die Schlüssel in der Gastwirtschaft aufbewahrt werden, die sich hinter dem Hotel befindet. Da kommt man mit dem Auto hin, wenn man am Hotel vorbei fährt und dann nach 200 Metern rechts abbiegt. Ich sollte da noch mal hinfahren, dort wüsste man sicher Bescheid.
Ich mache das dann mal so und fahre zurück, am Hotel vorbei, nach 200 Metern biege ich rechts ab. Ich sehe bereits ein Hinweisschild zum angekündigten Gasthof und nach weiteren 200 Metern bin ich auf einem Parkplatz vor einem netten Wirtshaus. Ich gehe in das Gasthaus und da kommt mir auch schon ein Kellner entgegen. Er trägt ein weißes Hemd und darüber eine orangefarbene Lederschürze. Mit seinem Vollbart und seinem schneidigen Auftreten erinnert er mich an einen Fremdenlegionär bei der Parade am 14. Juli in Paris, da fehlen nur das Képi Blanc und eine Axt. „Sind Sie Herr Dr. Ottmann?“, fragt er mich mit einem freundlichen Lächeln. Ich sehe an mir herunter. Habe ich ein Namensschild angesteckt? – Nein, kein Namensschild. „Woher kennt mich der Kellner?“, frage ich mich. „Ja“, antworte ich. „Kennen wir uns?“ „Nein“ meint er „Aber Sie müssen der Übernachtungsgast für das Hotel sein.“ Ich frage ihn, wie ich in das Hotel kommen könnte und er erklärt mir, dass die Schlüssel bei den Eierkartons liegen. „Welche Eierkartons?“, will ich wissen. „Die, die am Eingang zum Hotel liegen.“ Ich erkläre ihm, dass ich nun schon einige Zeit unterwegs bin und keine Lust mehr auf Suchspielchen hätte. Ich fände es schön, wenn er mit mir zum Hotel fahren könnte und mir alles zeigen würde. Nach kurzer Rücksprache mit seinem Chef willigt er ein und wir fahren mit dem Auto zurück zum Hotel.
Er zieht eine kleine Taschenlampe aus seiner Lederschürze, leuchtet den Weg und geht mir voraus. Am Hoteleingang leuchtet er nach links unten. Ausgezeichnet, da liegt tatsächlich ein Stapel Eierkartons. „Sehen Sie?“, der Kellner lächelt mich an. Toll, denke ich mir. Klasse System! Er hat dann auch gleich drei Schlüssel in der Hand. „Eingangstür, Seminarraum 3 und Zimmer 28.“
Während er mir die Schlüssel in die Hand drückt, dreht er sich um und will zum Restaurant zurückgehen. „Halt, nicht so schnell!“, lege ich mein Veto ein. „Wo sind denn bitte diese Räume?“ Nach kurzer Überlegung nimmt er mir die Schlüssel wieder ab, schließt die Eingangstür auf und geht mit schnellen Schritten durch die Hotelflure, öffnet nach einiger Zeit eine Tür und meint: „Das ist der Seminarraum 3“. Er knipst das Licht an und ich traue meinen Augen nicht. ...
Fortsetzung folgt...
Dies ist ein Auszug aus dem Buch "Der ProjektManager und Fräulein Sophie", von Dr. Roland Ottmann. Das Buch können Sie
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