12.12.2016 -
Projektmanagement ist einem Gedankenmodell gleichzusetzen. Dementsprechend kann sich ein Projektmanager positionieren. Im philosophischen Sinne bedeutet dies, er setzt z.B. auf philosophisch motivierte Naturwissenschaftler wie Albert Einstein, Werner Heisenberg oder Max Planck. Sie haben gezeigt, dass die Wissenschaften nie die absolute Realität erfassen, sondern nur Modelle beschreiben. Hieraus folgt ein neues Verständnis für Projektarbeit: Projekte lassen sich nicht steuern, wie es unsere Lehrbücher glauben machen. Sie sind wie ein lebender Organismus, in dem der Mensch nicht Mittel, sondern Mittelpunkt, nicht nur Kostenfaktor, sondern Vermögen ist. Was Projektmitarbeiter vermögen, ist das Vermögen des Projekts. Für unsere Projekte bedeutet das konkret: die Fremdsteuerung zurücknehmen und die Stärken der Mitarbeiter verstärken. Ein guter Projektmanager sorgt dafür, dass das Vermögen...
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12.12.2016 -
Neue Projektführung
Projektmanagement ist einem Gedankenmodell gleichzusetzen. Dementsprechend kann sich ein Projektmanager positionieren. Im philosophischen Sinne bedeutet dies, er setzt z.B. auf philosophisch motivierte Naturwissenschaftler wie Albert Einstein, Werner Heisenberg oder Max Planck. Sie haben gezeigt, dass die Wissenschaften nie die absolute Realität erfassen, sondern nur Modelle beschreiben. Hieraus folgt ein neues Verständnis für Projektarbeit: Projekte lassen sich nicht steuern, wie es unsere Lehrbücher glauben machen. Sie sind wie ein lebender Organismus, in dem der Mensch nicht Mittel, sondern Mittelpunkt, nicht nur Kostenfaktor, sondern Vermögen ist. Was Projektmitarbeiter vermögen, ist das Vermögen des Projekts. Für unsere Projekte bedeutet das konkret: die Fremdsteuerung zurücknehmen und die Stärken der Mitarbeiter verstärken. Ein guter Projektmanager sorgt dafür, dass das Vermögen (im Sinne von Zugewinn an Fähigkeiten seiner Projektmitarbeiter oder von geschaffenen Werten) für die projekttragende Organisation wächst.
Viele Methoden und Werkzeuge des Projektmanagements haben ihre Berechtigung, sie folgen unterschiedlichen Zielen und/oder lösen unterschiedliche Probleme der Projektarbeit. Ein Projektmanager muss sich seiner Wahrnehmung verschiedener Situationen bewusst werden, um dann aus dem Werkzeugkasten des Projektmanagements die richtigen Werkzeuge herauszugreifen und kombiniert zum Einsatz zu bringen. Genauso verhält es sich mit den verschiedenen philosophischen Erkenntnissen, die ich als Projektmanager nutzen kann. Wesentliche Erkenntnis ist: Für einen Projektmanager, der nur den Hammer als Werkzeug kennt, ist jedes Problem ein Nagel. Daraus folgt der Aufruf an alle Projektmanager, sich mit den Werkzeugen vertraut zu machen. Das große Ziel könnte sein, ausgezeichnete Projektergebnisse und große Zufriedenheit unter den Stakeholdern zu erreichen. Der Weg zum Ziel könnte die gute Persönlichkeitsentwicklung des Projektmanagers sein. Auf diesem Wege können uns einige philosophische Entlehnungen aus der Stoa weiterhelfen. Die gelebten stoischen Leitsätze (Stoiker waren u.a. Lucius Seneca d. J., Epiktet, Marcus Aurelius) können helfen, eine neue Art der Führung im Projekt zu formen.
Leitsatz 1: Konzentrierte Sachwirksamkeit – der geschickte Umgang mit den Dingen
1. Erkennen, welche Dinge in meiner Macht stehen.
2. Die Dinge annehmen, die nicht in meiner Macht stehen.
3. Macht über meine Vorstellung von den Dingen ausüben.
4. Die eigene Kraft auf gestaltbare Dinge konzentrieren.
Leitsatz 2: Kontrollierte Personenwirksamkeit – der vernünftige Umgang mit Menschen
1. Zwischen Anregungen und Angriffen unterscheiden.
2. Für Anregungen und Ideen anderer offen sein.
3. Angriffe anderer umlenken und Auseinandersetzungen geschickt führen.
4. Ein durch Vertrauen und Offenheit geprägtes Klima schaffen.
Leitsatz 3: Überlegene Selbstwirksamkeit – der richtige Umgang mit sich selbst
1. Die Ursachen von Erfolg und Misserfolg bei sich selbst suchen.
2. Selbständig im Urteil werden.
3. Sich an der Gesamtaufgabe orientieren.
4. Sich in den Dienst stellen, sich einbringen.
Wie bei fast allen Theorien und Konzepten zur Persönlichkeitsentwicklung und den anderen sogenannten „Soft Skills“ gibt es hier kein absolutes wahr oder falsch. Menschen, Teams und Organisationen lassen sich nun einmal nicht über einen Kamm scheren. Keine Methode an sich ist schlecht oder gut. Klar ist auch, dass manche der eingesetzten Methoden im Schnitt bessere Resultate erzielen als andere Vorgehensweisen.
Wie kann ein Projektmanager beginnen, seine Führungsfähigkeiten zu verbessern? Meines Erachtens ist eine wichtige Voraussetzung für eine kontinuierliche Verbesserung die Selbst(er)kenntnis. Die Betonung liegt dabei erstens auf kontinuierlich und zweitens auf Selbsterkenntnis! Durch genaue Kenntnisse meiner selbst steigert sich mein Selbstvertrauen – das, was ich mir selbst zutrauen kann, wird klar. Zunächst ist das Kennenlernen der Stärken und Schwächen, die ich habe, viel wichtiger als alle Technik- und Methodenschulungen. Grundlegende Prinzipien zu erkennen, was gute Führung ausmacht, ist wichtiger als ausgefeilte, komplexe Persönlichkeitsmodelle anderer Führer zu studieren. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Einem Projektmanager, der hervorragend in seinem Tun werden will, wird die Beschäftigung mit den diversen Methoden des Projektmanagements auch nützen und die Erkenntnisse sind sicherlich wertvoll und langfristig umsetzbar – nur sind grundlegende Prinzipien wie Glaubwürdigkeit, Echtheit, Zielklarheit, Gerechtigkeit, Souveränität, Vorbildfunktion, positive Lebenseinstellung, Entscheidungsfreude, Flexibilität, strategisches Denken und Einfühlungsvermögen relativ unabhängig davon. Daher auch die zweite Betonung auf „kontinuierlich“. Oft kommen Menschen von Seminaren wieder voller Enthusiasmus, mit einem Korb voll neuer Ideen (sehr gut!) und neuen, antrainierten Verhaltensweisen. Leider – jeder merkt es: Es ist nicht echt, es ist noch kein Teil des Projektmanagers geworden. Und gerade in schwierigen Zeiten und Krisen verfallen diese Projektmanager dann in ihre alten, eingefahrenen Muster. Was fehlt, ist die Beschäf-tigung mit dem „weshalb soll ich“ und „wie kann ich“ um somit das neue Verhalten zu einem echten Teil von sich zu machen. Ein einmaliger Seminarbesuch schafft dies nicht. Ständige Beschäftigung mit seinen Zielen (dazu muss man sich zum Thema „Führen“ Ziele stellen) und permanente Umsetzung in kleinen Schritten führen langfristig zum Erfolg.
Führung kann man lernen – auch wenn man persönliche Begrenzungen hat! Man muss aber auf sich selbst vertrauen und ständig üben. Der beste Beweis hierfür ist der Grieche Demosthenes. Klein, bucklig, schüchtern und stotternd zu Beginn, schaffte er es durch ausdauerndes Üben der am meisten motivierende und überzeugendste Sprecher des Altertums zu werden.
Ich frage mich:
„An welcher Stelle kann ich anfangen zu üben?“
und dann darf ich niemals damit aufhören!
Die Suche hört nicht auf!
Die Anwendung eines philosophischen Leitfadens macht das Leben als Projektmanager reicher, die Persönlichkeit stärker und die Führung besser. Doch vielleicht gibt es bei der Beschäftigung mit der
Philosophie noch etwas anderes, darüber hinausgehendes zu entdecken. Vielleicht die Weisheit? Lernen über den Dingen zu stehen, gelassen zu bleiben, souverän das Leben zu meistern (auch bei Lebenskrisen) und die Fähigkeit zu besitzen, anderen Rat zu erteilen. So interpretiert der Mensch Weisheit. Ursula Staudinger definiert die fünf Säulen der Weisheit als Wissen um die:
1. Zusammenhänge
Der weise Mensch weiß um die grundlegenden Probleme des Lebens und um die Verstrickungen. Er kennt die Natur, die Grundlagen zwischenmenschlichen Umgangs, gesellschaftlicher Normen und weiß, wann man sich darüber hinwegsetzen muss.
2. sinnvollen Strategien
Der weise Mensch kann Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden. Er besitzt Managementstrategien, um sein Leben zu meistern und mit seiner Zeit sinnvoll umzugehen. Er kann sich von eigenen Motiven und Sehnsüchten stark distanzieren und wird so zum klugen Ratgeber für andere.
3. relativen Werte
Der weise Mensch weiß, dass Menschen, z.B. in unterschiedlichen Kulturen oder zu anderen Zeiten, verschiedene Werte haben. Trotzdem wird er seinen kleinen Kanon eher universeller Werte (z.B. Toleranz, Nächstenliebe, Wahrhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Bescheidenheit) nicht aus den Augen verlieren.
4. Bedingungen
Der weise Mensch sieht Personen und Ereignisse nie isoliert, sondern immer in Bezug zu den Rahmenbedingungen. Er weiß, dass sich Probleme anders darstellen, je nachdem ob sie Familie oder Arbeitswelt betreffen – und auch abhängig vom Alter.
5. Ungewissheit
Den weisen Menschen zeichnet aus, dass er sich mit seiner eigenen Endlichkeit genauso auseinandersetzt wie mit der Tatsache, dass zum Leben auch immer ein Stück Ungewissheit gehört. Wir wissen nie, was die Zukunft bringt. Er meistert den Balanceakt zwischen seiner Ungewissheit und der Notwendigkeit trotzdem handlungsfähig zu bleiben.
Die tiefen Einsichten der Weisheit sind für Projektmanager lernbar. Es bedarf jedoch einer Strategie, der disziplinierten Arbeit an sich selbst und der Gewissheit, dass die Suche niemals aufhört!
Dies ist ein Auszug aus dem Buch "Der ProjektManager und Fräulein Sophie". Das Buch können Sie hier käuflich erwerben.
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